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Neue Arbeitsmodelle: Employee Sharing

Veröffentlicht am 06.11.2020 von Henrik Jasek, Leiter ostjob.ch
Employee Sharing
Unternehmen sehen sich durch Facharbeitermangel, Digitalisierung und wirtschaftliche Krisen wie die aktuelle Corona-Krise immer mehr mit einem typischen Problem konfrontiert. Die Ressource Personal wird immer wertvoller für sie und gleichzeitig wird es immer schwieriger, die leistungsstarken Mitarbeiter im Unternehmen zu halten. Wenn zwischendrin immer wieder Phasen auftreten, in denen Arbeit rar wird und den Arbeitnehmern womöglich Stunden gekürzt werden müssen, steigt die Wechselbereitschaft der Mitarbeiter. Aus dem asiatischen und US-amerikanischen Raum kommt ein Arbeitsmodell, das eine Lösung für dieses Problem sein könnte. Beim Employee Sharing teilen sich anders als beim Job-Sharing nicht zwei Mitarbeiter einen Arbeitsplatz, sondern mehrere Arbeitgeber teilen sich einen Mitarbeiter. Die rechtliche Konstruktion ist dabei eine völlig andere als bei Zeitarbeit oder Leiharbeit. Von Anfang an stehen auf der arbeitsvertraglichen Seite des Arbeitgebers mindestens zwei Unternehmen oder Konzerngesellschaften, auf der Arbeitnehmerseite ein Arbeitnehmer. Employee Sharing bringt dabei eine Vielzahl von Möglichkeiten für alle Beteiligten mit.
Ein Höchstmass an Flexibilität für Unternehmen durch Employee Sharing
Enger verbundene Unternehmen, wie sie sich beispielsweise in Konzernen finden, können erheblich von Employee Sharing profitieren. Ihnen wird es damit möglich, besonders gut qualifizierte und leistungsbereite Mitarbeiter an den Konzern zu binden. Die Mitarbeiter können ihre komplette Arbeitszeit einbringen und angemessene Verdienste erzielen, selbst dann, wenn in einer Konzerngesellschaft vielleicht nur Arbeit für einen Teilzeit-Job anfällt. Auch die vertraglichen Regelungen zwischen Konzerngesellschaften lassen sich ansprechend ausgestalten, da in der Regel ein Einvernehmen zwischen den einzelnen Gesellschaften vorausgesetzt werden kann. Konzerngesellschaften müssen so nicht in den Wettbewerb um besonders qualifizierte Mitarbeiter treten, was einer Gesamt-Konzernstruktur in der Regel nicht gut bekommt. Eine der Voraussetzungen für das Gelingen von Employee Sharing sind in einem gewissen Umfang gemeinsame Interessen der beteiligten Unternehmen. Diese müssen zumindest locker in einem Netzwerk verbunden sein, um ein solches Arbeitsmodell in Betracht zu ziehen.
 
Das hat der Arbeitnehmer von Employee Sharing
Auch für die Arbeitnehmer ergeben sich aus dem Arbeitsmodell verschiedene Vorteile. Die Sicherheit seines Arbeitsplatzes wird insgesamt grösser, wenn sich mehrere Arbeitgeber die Kosten und weiteren Aufwendungen für seinen Arbeitsplatz teilen. Er kann jederzeit Vollzeit arbeiten und somit seine persönlichen Vorstellungen auf der Verdienstseite verwirklichen. Bei einigen Arbeitnehmern wird es auch zur Zufriedenheit beitragen, flexibler zu arbeiten und möglicherweise abwechslungsreichere Aufgabenbereiche abzudecken. Problematisch kann es für den Arbeitnehmer werden, wenn die vertraglichen Regelungen zum Employee Sharing wenig eindeutig gestaltet werden. Er muss gerade mit mehreren Arbeitgebern klare und verbindliche Aussagen zu den Themen Weisungsbefugnis, Verantwortlichkeit und vor allem Arbeitszeit haben. Bleiben hier wichtige Aspekte ungeregelt oder sind uneindeutig, geht das Arbeitsmodell schnell zulasten des Arbeitnehmers. Das gilt insbesondere für die Begrenzung der Arbeitszeit. Arbeitnehmer werden schnell ausgenutzt, wenn nach allen Seiten alles offen bleibt. Insoweit ist in punkto Flexibilität etwas Vorsicht geboten. Flexibilität erweist sich für Arbeitnehmer bei der Gestaltung der täglichen Arbeitsabläufe nicht immer als Vorteil. Auch, wenn es um Arbeitnehmervergünstigungen geht, muss sich aus den Verträgen eindeutig ergeben, welcher Arbeitgeber für welche Leistung verantwortlich ist.
 
Vertragliche Regelungen sind beim Employee Sharing nicht unkompliziert
Es versteht sich von selbst, dass der Arbeitsvertrag bei diesem Arbeitsmodelle etwas komplexer ausfällt als normalerweise. Möglicherweise gibt es auch zusätzliche Regelungen zwischen den beteiligten Unternehmen. Vor dem Hintergrund, dass das Arbeitsrecht und das Sozialrecht noch nicht auf das Employee Sharing ausgerichtet sind, müssen etwas Vorbereitungszeit und rechtlicher Sachverstand in die vertragliche Gestaltung des Arbeitsmodells investiert werden. Fragen des Datenschutzes können ebenfalls eine Rolle spielen. Seine Vorzüge entfaltet Employee Sharing nur mit angemessen getroffenen Vereinbarungen zwischen allen Beteiligten. Dann könnte das Arbeitsmodell zur Flexibilisierung der Arbeit beitragen und möglicherweise einen Weg bieten, mit verschiedenen aktuellen Herausforderungen der Arbeitswelt wie auch der unternehmerischen Umwelt fertigzuwerden.
 
Es ist unzweifelhaft, dass verschiedene Faktoren zur Veränderung der Arbeitswelt führen werden. Bei allen Veränderungen wünschen sich Arbeitnehmer weiterhin sichere Arbeitsplätze und Unternehmen überschaubare, anpassungsfähige Kostenstrukturen und einen angemessen flexiblen Umgang mit der Ressource Personal. Hier liegt es jetzt an allen Beteiligten auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, diese Veränderungen im Sinne aller Parteien angemessen zu gestalten. Employee Sharing könnte eine interessante Möglichkeit sein, die Arbeitswelt zukunftsfähig zu machen.