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Das "innere Team" - typische Rollenmuster und ihre Funktionsweisen

Veröffentlicht am 26.07.2021 von Henrik Jasek, Leiter ostjob.ch
Das "innere Team" - typische Rollenmuster und ihre Funktionsweisen
Beim Nachdenken über einen bestimmte Thematik führen wir im Grunde ein Gespräch mit uns selbst bzw. mit unserem "inneren Team", wie es der Kommunikationspsychologe Friedemann Schulz von Thun formuliert hat. In uns sprechen und streiten innere Stimmen und vertreten unterschiedliche Meinungen und Ansichten, um eine Entscheidung zu finden. Dabei geht es - wie in einem realen Team - nicht immer nur harmonisch zu. Verschiedene Charaktere in uns haben unterschiedliche Positionen, was im schlimmsten Fall zu einer inneren Zerrissenheit führen kann. Es gibt aber Möglichkeiten für ein inneres Teambuilding, das positive Ergebnisse zeitigt.
Die innere Pluralität akzeptieren und verstehen

Manchmal haben wir eine Eingebung und entscheiden uns, dieser sofort zu folgen. In der Regel denken wir aber über verschiedene Aspekte nach und wägen Pro und Contra ab, ähnlich wie die Personen in einer realen Gruppe. Manche dieser inneren Stimmen gehen mutig voran, andere halten sich zurück und äussern ihre Meinung nur zögerlich und verhalten.

Schulz von Thun bezeichnet diese Vorgänge auch als "innere Pluralität", womit aber auf keinen Fall psychische Störungen gemeint sind. Es handelt sich vielmehr um ein Sinnbild für das Austragen von inneren Konflikten und die Suche nach einer Lösung. Die Entscheidungsfindung wird dadurch nicht leicht gemacht, aber die Diskussionen der inneren Stimmen schützen in gewissem Masse vor vorschnellen, fehlerhaften Entschlüssen oder einer naiven Vorgehensweise.


Welche Personen bilden das innere Team?

Der Kommunikationsexperte Schulz von Thun hat eine Liste mit Charakteren aufgestellt, die hauptsächlich als Mitglieder des inneren Teams auftreten.

Anführer oder Oberhaupt
Diese innere Stimme ist der Teamleiter. Er übernimmt die Führungsposition, kümmert sich um die Organisation nach innen und die Darstellung nach aussen. In Meetings spielt er den Moderator und widmet seine Aufmerksamkeit auch den Mitgliedern, die normalerweise nur selten das Wort ergreifen. Zu seinen Aufgaben gehören das Teambuilding, Konfliktmanagement und die Auswahl des richtigen Personals für bestimmte Bereiche.

Stammspieler oder Felsen in der Brandung
Diese Teammitglieder begleiten die Person bereits über lange Zeiträume. Sie sind stets in der vordersten Reihe zu finden, verfügen über viel Know-how und Erfahrung und haben zahlreiche Erfolge vorzuweisen. Sie tragen die Hauptverantwortung dafür, wie eine Person von anderen wahrgenommen wird.

Einzelgänger oder Aussenseiter
Das Gegenteil zu den Stammspielern bilden die Einzelgänger. Als Teil der Persönlichkeit kommen sie nur selten zum Vorschein, vorzugsweise wenn sich jemand von der Person abzugrenzen versucht. Sie sind zwar Teil der Persönlichkeit, sollen von anderen aber besser nicht gesehen werden.

Kontrahenten
Sie vertreten im Team zwei völlig gegensätzliche Meinungen über eine Angelegenheit, was zu einer starken Hin- und Hergerissenheit führen kann.

Nachzügler
Die Nachzügler glänzen häufig durch Abwesenheit, wenn ein Meeting anberaumt ist. Trotzdem können sie wertvolle Beiträge zur Sache liefern, wen auch mit einigen Stunden oder Tagen Verspätung.

Zauderer oder Zögerer
Diese Stimmen muss man sich bewusst vor Augen halten und wahrnehmen, damit sie wirklich sichtbar werden. Eine gesteigerte Achtsamkeit für diese Persönlichkeitsanteile kann dabei helfen.

Wachleute oder Aufpasser
Diese Stimmen sind dominante Teammitglieder, die andere Stimmen unterdrücken und verhindern wollen, dass manche Dinge ausgesprochen werden. Dadurch entstehen häufig Konflikte im inneren Team, die auch die Arbeit des Teamleiters massiv erschweren.

Störenfriede oder Blockierer
Sie verletzen gerne sensible Bereiche der Person und versuchen, sie herabzusetzen. Trotz dieses kontraproduktiven Verhaltens können dahinter durchaus bedeutsame Botschaften und auch gute Absichten verborgen sein.


Die Auseinandersetzung mit dem inneren Team birgt grosses Potenzial

Das innere Team in Einklang zu bringen, ist für Schulz von Thun eine Schlüsselqualifikation für die persönliche wie berufliche Entwicklung, da durch die innere Kommunikation auch die äussere mitbeeinflusst wird. Die Diversität der Teammitglieder macht es einerseits schwierig, die besten Seiten herauszufiltern, ist andererseits aber auch mitverantwortlich für die Qualität von Entscheidungen, die nach Möglichkeit ganz bewusst und ohne Reue getroffen werden sollten. Bedingung für einen Erfolg ist aber wie in einem realen Team, dass sich alle Mitglieder an Regeln und Absprachen halten. Bezogen auf eine einzelne Person bedeutet dies, dass ein gewisses Mass an Selbstreflexion erforderlich ist.


Eine mögliche Vorgehensweise

Wenn sie Ihr inneres Team für eine bedeutende Entscheidung einsetzen möchten, können Sie ein Setting arrangieren, das wie folgt aussieht. Malen Sie mit unterschiedlichen Farben Strichmännchen auf ein oder mehrere Blätter Papier, geben sie Ihnen bezeichnende Namen und halten Sie eine Aussage schriftlich fest, die Sie für dieses Teammitglied als typisch erachten. Auf diese Weise erhalten sie einen Überblick über Ihr persönliches inneres Team, können die einzelnen Beiträge zu einem bestimmten Thema erfassen, Streitigkeiten und Gemeinsamkeiten notieren.

Achten Sie darauf, dass jedes Mitglied zu Wort kommt, auch die Zurückhaltenden und Schweigsameren unter ihnen. Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, wägen Sie das Pro und Contra ab, um zu einer Lösung zu gelangen. Eventuell überprüfen und ändern Sie anschliessend Ihr Selbstmanagement und machen sich an eine veränderte Planung Ihrer Tagesabläufe. Wenn das Ergebnis am Ende alle Teammitglieder zufrieden macht, haben Sie Ihr Ziel erreicht.