Was wird aus dem Home-Office nach Aufhebung des Lockdowns?
Veröffentlicht am 20.05.2022 von Henrik Jasek, Leiter ostjob.ch - Bildquelle: Getty Images
Seit Anfang April 2022 sind in der Schweiz alle staatlichen Corona-Massnahmen aufgehoben worden und damit auch die gesetzliche Verpflichtung, im Home-Office zu arbeiten. Das bedeutet, dass Arbeitgeber selbst darüber entscheiden, ob und in welchem Umfang sie ihren Mitarbeitern anbieten, auch künftig zuhause zu arbeiten. Wann Home-Office Sinn macht, und welche Herausforderungen an Führungskräfte bezüglich der Umsetzung gestellt werden, das und mehr erfahren Sie hier.
Wann Home-Office sinnvoll ist
Es gibt bestimmte Situationen, in denen die Arbeit im Home-Office effektiver ist.
- Ein Projekt oder bestimmte Aufgaben erfordern ein hohes Mass an Konzentration, Wissens- und Denkarbeit, wenn beispielsweise ein Konzept entwickelt, Texte produziert, Dinge gestaltet oder Informationen zusammengeführt werden müssen.
- Die zu verrichtende Tätigkeit ist ortsunabhängig und kann IT-basiert ausgeführt werden.
- Das technische Equipment sowie die technische Infrastruktur sind vorhanden.
- Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz der IT sowie die datenschutzrechtlichen Bestimmungen werden eingehalten.
- Mitarbeiter sind aufgrund der Rahmenbedingungen und ihrer Kompetenzen in der Lage, ausserhalb des Büros selbstständig zu arbeiten.
- Die Unternehmenskultur reicht bis ins Home-Office, sodass eine transparente und fortwährende Kommunikation, eine flexible Zusammenarbeit sowie die Führung durch Zielvereinbarungen gewährleistet sind und unterstützt werden.
Um eine bestehende Vertrauensbasis zwischen dem Mitarbeiter und der Führungskraft beziehungsweise dem Unternehmen zu bewahren und die Motivation möglichst hoch zu halten, sind regelmässige Zweiergespräche zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem mit Klärung der Prioritäten sowie der gegenseitigen Erwartungen und einem Abgleich der Ressourcen-Situation unabdingbar.
Home-Office und die Anforderungen an die Führungskräfte
Damit das Arbeiten im Home-Office gelingt, werden an das Verhalten und die Kompetenz von Führungskräften hohe Anforderungen gestellt. Denn strikte Regeln, geringes oder kein Vertrauen sowie fehlende Kommunikation gestalten eine Flexibilisierung der Arbeit beschwerlich oder machen sie unmöglich. Je geringer die Präsenz im Büro ist, umso mehr steigt der Bedarf nach Absprachen und Koordination der Arbeitsabläufe. Deshalb gibt es einige zentrale Verhaltensaspekte, die für eine gelungene Führung unverzichtbar sind:
1. Home-Office: Gestaltung der Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Home-Office bedeutet Führen auf Distanz und das wiederum heisst, dass es weniger Möglichkeiten gibt, sich auszutauschen. Einerseits fehlt die soziale Nähe. Andererseits reduzieren sich die Kontrollmöglichkeiten, während sich die Kommunikation auf Telefonate oder E-Mail beschränkt.
Aufgrund fehlender Mimik und Gestik wird es schwieriger, Emotionen der Gesprächspartner zu erkennen, sodass Stimmungen und Meinungen schwer einzufangen sind. Auch der Vertrauensaufbau sowie die Fortsetzung stabiler menschlicher Kontakte basieren auf Kontinuität. Insoweit kann Vertrauen bei räumlicher Distanz nur dann funktionieren, wenn bereits eine solide Vertrauensbasis vorhanden ist und das Vertrauen immer wieder bestätigt wird.
2. Zusammenhalt im Team fördern
Arbeiten im Home-Office bedingt aufgrund der Distanz zum Unternehmen eine gewisse Isolation. So kann es passieren, dass sich Wahrnehmungen verschieben. Umso wichtiger ist es, dass regelmässig Erwartungen und Feedbacks ausgesprochen werden. Das sind wichtige Gestaltungselemente produktiver Teamarbeit, für deren Funktionieren und Pflege die Führungskraft verantwortlich ist.
Aufgrund der Vielfalt der Erwartungen der Teammitglieder braucht es Regeln, um diese zu ordnen und zu strukturieren. Gleichzeitig werden durch ein zeitnahes und prägnantes Feedback Konflikte vermieden. Existieren bereits Unstimmigkeiten, ist es Aufgabe der Führungskraft, diese aktiv zu moderieren und zu lösen.
3. Aufgaben, Ziele und aktuellen Stand klären
Grundsätzlich besteht eine räumliche Distanz zwischen dem Home Office und dem Büro. Dadurch intensiviert sich die Gefahr von Missverständnissen. Kommt es beispielsweise zu Unklarheiten bei der Aufgabenverteilung, ist es aufgrund der Distanz schwieriger, diese zu klären. Umso wichtiger ist es, dass die Führungskraft Ziele, Aufgaben und Arbeitsaufträge klar formuliert, präzise strukturiert und Raum für Nachfragen bietet.
Gleiches gilt für Verantwortlichkeiten. Das bedeutet, dass seitens der Führungskraft Verantwortlichkeiten klar definiert und geregelt sowie Überschneidungen vermieden werden. Ebenso wichtig ist, einzelne Zwischenschritte sowie fertige Aufgaben gemeinsam zu prüfen und regelmässig die Erwartungen abzugleichen. Auf diese Weise werden Missverständnisse reduziert und Konflikte vermieden.
4. Arbeitsstrukturen und Prozesse klären
Ziel ist, zwischen Büro und Home-Office eine gewisse Arbeitsroutine zu etablieren, die die Zielerreichung fördert. Voraussetzung ist, dass auch für die Mitarbeiter im Home-Office klare Regeln gelten, die sich unter anderem auf den Umgang mit Problemen und Konflikten, auf das Einhalten von Deadlines und auf die Wahl der Medien beziehen.
Aufgabe der Führungskraft ist, auf die Beachtung und Einhaltung von Prozessen und Regeln zu achten, für die synchrone Abwicklung der Aktivitäten zu sorgen, Hindernisse aus dem Weg zu räumen und regelmässig ein Feedback zu geben.