Wirtschaft Schweiz 2022: Mehr Unternehmensgründungen in schwierigen Zeiten?
Veröffentlicht am 24.11.2023 von Henrik Jasek, Leiter ostjob.ch - Bildquelle: Getty Images
Trotz aller geopolitischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten der vergangenen Jahre befindet sich die Schweiz in Gründungslaune. Rund 50'000 neue Firmen wurden mit Stichtag 27. Dezember 2022 ins Handelsregister eingetragen, was einem Zuwachs von 12,6 Prozent gegenüber dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre entspricht. Das geht aus einer nationalen Analyse des Instituts für Jungunternehmen (IFJ) hervor.
Grosse Unterschiede in den Regionen
Mit Stichtag zum 27. Dezember 2022 belaufen sich die Eintragungen ins Handelsregister auf 49'398 Firmen. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein leichter Rückgang von 1,4 Prozent. Betrachtet man jedoch den Durchschnitt der Unternehmensgründungen in der Schweiz in den letzten zehn Jahren, so liegen die Gründungen im Jahr 2022 mit einem Plus von 12,6 Prozent deutlich darüber. Es gibt jedoch signifikante Unterschiede insbesondere in den Grossregionen.
Zürich gilt als Gründungsmotor und verzeichnete gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs von 1,9 Prozent. Nahezu gleichbleibend auf dem hohen Niveau der Firmengründungen von 2021 sind die Grossregionen Südwestschweiz, das Tessin und die Ostschweiz. Doch es gibt auch Regionen, in denen die Gründungstätigkeit vergleichsweise gering ausfällt.
Das gilt insbesondere für die Grossregionen Zentralschweiz, Region Mittelland und für die Nordwestschweiz. Am erfolgreichsten in Bezug auf Firmengründungen im Jahr 2022 ist der Kanton Appenzell Innerrhoden mit einem Zuwachs von 12,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr, während die Gründeraktivitäten im Kanton Uri um 11,1 Prozent sanken, sodass Uri diesbezüglich die rote Laterne trägt und Schlusslicht ist.
Gründe für diese Entwicklung
Es stellt sich die Frage, warum in schwierigen Zeiten viele neue Unternehmen entstehen, und welche Auswirkungen diese Entwicklung auf die Schweizer Wirtschaft hat. Mögliche Antworten darauf hat Simon May, Co-CEO des IFJ. Zunächst einmal spiegeln die Firmengründungen den Leitsatz wider, dass es keinen schlechten Zeitpunkt für Firmengründungen gibt. Offenbar werden Krisen auch als Chancen gesehen, um Unternehmen zu gründen. Grundsätzlich wertet May die hohe Anzahl an Neugründungen als ein positives Signal für eine gut funktionierende Schweizer Volkswirtschaft.
Zum Tragen kommt hier eine Kombination aus der Verwirklichung eigener Ideen und einer manchmal notwendigen beruflichen Neuorientierung. Hinzu kommt der Wunsch, durch die Gründung einer eigenen Firma mehr Freiheit und Selbstbestimmung zu erlangen, wobei die positive Entwicklung der Neugründungen schon vor der Pandemie eingesetzt hat.
May erklärt darüber hinaus, dass die Zahl der Gründungen im Nebenerwerb deutlich gestiegen ist. Immerhin sind 66 Prozent der Gründer im Zeitpunkt der Unternehmensgründung noch in einem anderen Unternehmen beschäftigt. Offenbar besteht ein gewisser Wunsch nach Sicherheit, der sich mit dem Freiheitsgedanken der Selbstständigkeit im Nebenerwerb verbinden lässt. Möglich ist das durch neue Technologien und die fortschreitende Digitalisierung. Aber auch immer mehr Menschen in der Nähe des Pensionsalters wagen den Schritt in die Selbstständigkeit, während sie für ihren bisherigen Arbeitgeber mit reduziertem Pensum weiterarbeiten.
Abschliessend ist festzuhalten, dass das IFJ für das Jahr 2023 mit einem leichten Rückgang von Neugründungen rechnet, sodass die hohe Anzahl an Gründungen in der Schweiz relativ stabil bleiben wird. Allerdings gibt es einige Unsicherheitsfaktoren, deren Auswirkungen nicht verlässlich prognostiziert werden können. Das gilt für die Energiemangellage ebenso wie für den Krieg in der Ukraine und damit zusammenhängende globale Lieferkettenprobleme. Je schneller Lösungen gefunden werden, umso positiver wird sich das auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken - nicht nur in der Schweiz.